Der Jurançon Cuvée Jean 2010 des Chateau Jolys war nicht als Begleiter der Apfel-Marzipan-Tarte geplant (Rezept in Süsswein und Essen). Ursprünglich sollte eine ganz bestimmte Mosel-Auslese das tun, da diese aber nicht vorrätig war, fiel die Wahl auf den genannten Jurançon, vor allem weil mich ein Beitrag bei Chez Matze erst kürzlich daran erinnert hatte, welch grandiose Süßweine im Jurançon erzeugt werden.
Der Jurançon Cuvée Jean stammt aus südlich von Pau gelegenen Weinbergen der Domaine Latrille, die sich, auf den Hängen der Chapelle Rousse gelegen, wie Amphitheater gegenüber den Pyrenäen aufreihen. Gletscher der Pyrenäen haben die Landschaft geformt und glaciales Sedimentgestein, Kalkstein und silikathaltigen Ton im Boden angehäuft.
Die Trauben des Cuvée Jean, zu 100% Petit Manseng (warum der Wein Cuvée Jean heißt, erschließt sich mir nicht), haben eine lange Reifezeit: nach dem Altweibersommer, erlaubt der lange, südlich warme Herbst, unterstützt vom warm-trockenen Fallwind Föhn, dass die Trauben durch die sogenannte Passerillage am Stock trocknen und rosinieren und sich so die Zucker natürlich konzentrieren.
Nach der Handlese im November, oft in mehreren Durchgängen, werden die Trauben abgebeert. Der nach Hülsenmaischung ohne direkte Pressung erhaltene freilaufende Saft wird aufgefangen, kühl bei 20°C im Edelstahl vergoren und für neun Monate im Barrique aus französischer Eiche ausgebaut.
Leicht goldfarben im Glas, offerierte der Jurançon Cuvée Jean 2010 ein Spektrum von fruchtigen Aromen: tropische Früchte, allen voran kandierte vollreife Ananas, Zitrus, Melone und etwas weißer Pfirsich. Ebenso bestimmend sind würzige, kräuterige Noten und Anklänge von Mandel und Marzipan. Am Gaumen total überraschend: eine unglaublich frische, lebendige Säure, präsent und doch so harmonisch balanciert von der Süße, dass der Wein unaufdringlich süß, saftig und sehr elegant wirkt. Im Mund sehr kräuterig und zitronig mit viel vollreifer Ananas und einem extrem langen Abgang, der tropische Frucht, feine Süße und Frische vereint.
Zur Apfel-Marzipan-Tarte harmonierte der Jurançon Cuvée Jean 2010 ausgezeichnet. Die frische Säure kontrastierte angenehm zur Süße des Kuchens und die Süße des Weins war hoch genug um der Süße des Kuchens zu begegnen.
Und genau wegen dieser Ambivalenz hat dieser Wein auch das Zeug all jene zu begeistern, die von Süßwein bisher nicht so angetan sind.